Monat: November 2014
Reisernte bei den Schwarzen Lô Lô in Lào Cai
Meine Freundin war Mitte Oktober wieder einmal dienstlich im Bergland unterwegs. Wie immer bei solchen Gelegenheiten hat sie viele Fotos gemacht. Diese Aufnahmen entstanden in einem Dorf der Schwarzen Lô Lô in der Provinz Lào Cai. In den hoeheren Lagen des Berglandes kann nur eine Reisernte pro Jahr eingebracht werden. Deshalb ist es dort besonders wichtig, dass diese Ernte gut ausfaellt.
Viele Gruesse
Cathrin
Die Legende von den 100 Eiern Eine Version der Mường
Die Legende von Lạc Long Quân und Âu Cơ gehoert zu den beruehmtesten Geschichten Vietnams. Âu Cơ brachte einen Sack mit 100 Eiern zur Welt, woraus einhundert Soehne schluepften. Fuenfzig Soehne gingen mit der Mutter in die Berge, die anderen fuenfzig zogen mit dem Vater in den Sueden ans Meer (gemeint ist das Delta des Roten Flusses). Der aelteste Sohn wurde zum Thronfolger ernannt und unter dem Namen Hùng Vương (Koenig Hùng) bekannt. Er gab seinem Reich den Namen Văn Lang und gruendete die Hồng Bàng-Dynastie.
Nachdem die Legende jahrhundertelang nur muendlich ueberliefert wurde, erschien sie in schriftlicher Form erstmalig im 15. Jahrhundert unter dem Titel Truyện họ Hồng Bàng in der Textsammlung Lĩnh Nam chích quái. Diese Legende von den 100 Eiern gibt in unterschiedlichen Versionen auch bei den Mường, die von vielen Gelehrten als die eigentlichen Ureinwohner Nordvietnams betrachtet werden. Allerdings unterscheiden sich die Versionen der Mường in einigen Punkten deutlich von denen der Vietnamesen. Die folgende stammt aus Hòa Bình.
Als das Land noch unbewohnt war, wurde eines Tages ein wunderschoener Baum namens Si, der auf einem Berg stand, von einem heftigen Sturm umgestuerzt. Beim Sturz des Baumes wurden zwei Voegel geboren. Die Voegel bauten ihr Nest in der Hoehle Hào (heute: Hang Ma Chung Dien im Distrikt Gia Viễn der Provinz Ninh Bình. Sie legten 100 Eier, von denen sich drei deutlich in ihrer Groesse von den anderen unterschieden und sich schliesslich in Menschen verwandelten. So wurden Ây und Ứa, die ersten Menschen, geboren.
Fuenf Monate vergingen, doch keines der anderen Eier liess sich ausgebrueten. Verzweifelt gingen Ây und Ứa in den Wald. Dort trafen sie die goettlichen Feen Dam Cu Cha und Gia Cha Giang, denen sie ihre Sorgen offenbarten. Die beiden Feen gaben den Rat, die Eier in ein dickes Kraeuterbett zu legen und alle fuenf Tage umzuschichten. Ây und Ứa bedankten sich bei den Feen und folgtem ihrem Rat. Fuenfzig Tage spaeter schluepften Soehne und Toechter aus den 97 Eiern. 50 zogen in das Flussdelta und wurden die Vorfahren der Vietnamesen. Die anderen 47 bevoelkerten das Bergland und wurden zu Ahnen der Mường und der anderen Bergvoelker.
Viele Gruesse
Cathrin
Der korrupte Korruptionsbekaempfer
Der 1950 in der Provinz Bến Tre im Mekong Delta geborene Trần Văn Truyền hat eine eindrucksvolle Karriere in der Kommunistischen Partei hinter sich. Er war Parteichef seiner Heimatprovinz, ueber jeweils zwei Wahlperioden Mitglied des Zentralkommitees und Parlamentsabgeordneter und schliesslich von 2007 bis zu seinem Ruhestand 2011 Chefinspektor der Antikorruptionsbehoerde Vietnams, also der oberste Korruptionsbekamepfer des Landes. Doch offensichtlich hatte man damit den Bock zum Gaertner gemacht.
Bereits Ende vergangenen Jahres geriet Trần Văn Truyền ins Visier der Medien, als bekannt wurde, dass er auf einem 16.000 Quadratmeter grossen Grundstueck in einem der aermsten Gebiete von Bến Tre eine Luxusvilla fuer seine Familie errichten liess. Der dreistoeckige Palast, dessen Inneneinrichtung teilweise aus teuren Edelhoelzern besteht, soll umgerechnet fast 300.000 Euro gekostet haben. Die Landnutzungsrechte hatte sein Sohn, ein Polizeibeamter, fuer rund 50.000 Euro vier armen Familien abgekauft, die dort vorher in primitiven Holzhuetten lebten. Nun gibt es zwar in Vietnam ein Gesetz, nach dem hohe Beamte jaehrlich ihre Vermoegensverhaeltnisse offen legen muessen. Beamte im Ruhestand sind davon allerdings nicht betroffen. So bleibt die Herkunft des Geldes unklar. Mit dem normalen Gehalt auch eines der hoechsten Beamten des Landes ist ein solches Projekt jedenfalls nicht zu finanzieren. Angeblich soll Trần Văn Truyền den groessten Teil der Baukosten von einer Halbschwester erhalten haben.
Die Ermittlungen von Inspekteuren des Zentralkommitees brachten nun weitere Ungereimtheiten ans Tageslicht. Konkret geht es dabei um drei Immobilien in HCMC und eine in Hanoi, die Trần Văn Truyền aufgrund seiner privilegierten Stellung zu teilweise hochsubventionierten Preisen erwerben konnte und die er entweder an Familienmitglieder ueberschrieb oder vermietete. Ausserdem wurde ihm bereits im Jahr 1992, als er noch Parteichef in Bến Tre war, gegen Recht und Gesetz ein Grundstueck von der Armee uebertragen, das er allerdings nie selbst nutzte, sondern an einen Restaurantbesitzer verpachtete. Fuer dieses Grundstueck hat Trần Văn Truyền nie Steuern gezahlt. Als er 2002 eine Zahlungsaufforderung erhielt, stellte er bei der Provinzregierung einen Antrag auf Befreiung, der wie selbstverstaendlich auch bewilligt wurde.
Die zustaendige Kommission der Partei prueft nun, wie in dem Fall weiter zu verfahren ist. Doch wie immer diese Entscheidung auch ausfallen wird, dieser Amts- und Machtmissbrauch eines hochrangigigen Funktionaers wird dem Vertrauen der Menschen und die Partei- und Staatsfuehrung, das sowieso schon seit Jahren immer weiter abnimmt, mit Sicherheit nicht foerderlich sein.
Viele Gruesse
Cathrin
Fernsehtipp – Bi, đừng sợ!
Dieser Tipp kommt leider sehr kurzfristig, aber ich habe es gerade erst mitbekommen. Der Fernsehsender ARTE zeigt heute Abend um 23:35 Uhr den Debutfilm des jungen vietnamesischen Regisseurs Phan Đăng Di. Eine Wiederholung laeuft in der Nacht vom Freitag zum Sonnabend um 1:40 Uhr. Als Bi,đừng sợ! (Hab keine Angst, Bi) Anfang 2011 in die Kinos kam, loeste er nicht nur durch einige sehr freizuegige erotische Szenen grosse Diskusssionen aus. Der Film, der auf mehreren internationalen Festivals Preise bekam, hinterfragt vor allem sehr kritisch das heute in Vietnam vorherrschende Frauenbild. Fuer mich ist Bi,đừng sợ! einer der besten vietnamesischen Filme der vergangen Jahre.
Erzaehlt wird die Geschichte des sechsjaehrigen Bi, der mit seiner Familie in der Naehe einer Eisfabrik in Hanoi wohnt. In der Hitze der Regenzeit geht er gerne dorthin zum Spielen und sucht nach Zerstreuung und Abstand von den Problemen der Erwachsenen, die er noch nicht recht versteht. Sein Vater ist meist nicht da. Er vertreibt sich die Zeit mit einer jungen Friseuse und kommt haeufig erst zu spaeter Stunde betrunken nach Hause. Der Vater lehnt es ab, mit dem Grossvater zu sprechen, der nach einer langjaehrigen Abwesenheit schwer krank nach Hause zurueckkehrt. Bi jedoch findet in dem alten Mann einen Vertrauten. Seine Mutter pflegt ihren kranken Schwiegervater und schenkt ihm all die Zuwendung, die ihr Mann nicht annimmt. Trotz seiner Brutalitaet ertraegt sie ihr Leid schweigend und geht weiter ihren ehelichen Pflichten nach.
Die Tante von Bi, eine pruede und ledige Lehrerin, erwartet womoeglich ein aehnliches Eheleben. Insgeheim fuehlt sie sich zu einem ihrer jungen Schueler hingezogen. Um den gesellschaftlichen Konventionen zu entsprechen, beschliesst sie jedoch, den Cousin einer Kollegin zu heiraten. Der Tod des Grossvaters markiert schliesslich das endgueltige Auseinanderbrechen der Familie.
Die YouTube-Version dieses sehr sehenswerten Filmes gibt es leider nur in vietnamesischer Sprache.
Viele Gruesse
Cathrin
Nur geringes Vertrauen fuer mehrere Minister
In der vietnamesischen Nationalversammlung fand heute die jaehrliche Vertrauensabstimmung ueber die 50 wichtigsten Politiker des Landes statt. Die Abgeordneten bewerten dabei die Arbeit des Staatspraesidenten, seiner Stellvertreterin, der Fuehrungsriege des Parlamentes und der Mitglieder der Regierung, indem sie ihnen grosses, normales oder nur geringes Vertrauen aussprechen.
Das schlechteste Ergebnis fuhr dabei die Gesundheitsministerin Nguyễn Thị Kim Tiến ein. Lediglich 97 Abgeordnete sprachen ihr grosses Vertrauen aus, waehrend 192 nur geringes Vertrauen zu ihr haben. Auch bei mehreren anderen Regierungsmitgliedern, darunter der Minister fuer Kultur, Sport und Tourismus, der Innen- und der Bildungsminister sowie die Ministerin fuer Arbeit, Soziales und Kriegsinvaliden, war die Zahl der Stimmen mit nur geringem Vertrauen deutlich hoeher als die mit grossem Vertrauen. Eigentlich muessten diese Personen jetzt zuruecktreten. Das wird aber mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht passieren.
Verkehrsminister Đinh La Thăng, der in seinem Verantwortungsbereich jede Menge „Baustellen“ hat, schnitt dagegen fuer mich ueberraschend gut ab. Der nicht unumstrittene Premierminister Nguyễn Tấn Dũng erreichte das fuer seine Verhaeltnisse sehr gute Ergebnis von 320 Stimmen mit grossem und nur 68 Stimmen mit geringem Vertrauen. Deutlich besser schnitt Staatspraesident Trương Tấn Sang mit 380 zu 20 ab.
Die komplette Ergenisse der Abstimmung kann man sich hier auch in englischer Sprache ansehen: Results of parliamentary confidence vote on Vietnam’s top leadership
Viele Gruesse
Cathrin
Arbeitsfreie Tage zum Neujahrsfest
Wer im Februar 2015 nach Vietnam reist, muss sich darauf einstellen, dass vom 14.2. bis 23.2. wegen des Neujahrsfestes Tết Nguyên Đán alle Aemter und Behoerden, die Banken und die meisten oeffentlichen Einrichtungen geschlossen sind. Auch die Geldautomaten werden in dieser Zeit oft nicht aufgefuellt. Da auch immer mehr Einheimische die arbeitsfreien Tage zum Reisen nutzen, kann es an den Sehenswuerdigkeiten und an den Straenden recht voll werden.
Viele Gruesse
Cathrin
25 Jahre Mauerfall?
Der 25. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer fand auch in den vietnamesischen Medien Beachtung. Ueber die Feierlichkeiten in der deutschen Hauptstadt wurde ausfuehrlich berichtet. Aber gibt es denn eigentlich etwas zu feiern? Die Mauer wurde doch gar nicht abgerissen. Sie wurde lediglich umgesetzt, und zwar an die Aussengrenzen der Festung Europa. In den vergangenen 25 Jahren starben dort schaetzungsweise 20.000 Menschen auf der Flucht vor Krieg, Armut und Hunger. Wer gedenkt eigentlich dieser Toten? Im reichen Europa, das durch Kriege, NATO-Terror und Waffenexporte einen wesentlich Anteil an der Fluechtlingswelle aus dem Nahen Osten und Afrika hat, kuemmert sich doch nur eine kleine Minderheit um diese Menschen.
Meine Eltern wohnen bekanntlich in Berlin Koepenick. Dort soll im Allendeviertel noch bis Weihnachten ein Containerdorf fuer 400 Kriegsfluechtlinge errichtet werden. Man kann sicher darueber diskutieren, ob das eine menschenwuerdige Art der Unterbringung ist und ob dieser Standort im aeussersten Suedosten von Berlin ueberhaupt dafuer geeignet ist. Der eigentliche Skandal ist jedoch meiner Meinung nach, dass die Anwohner aus den Medien von diesem Vorhaben erfuhren. Der verantwortliche Senator gehoert der CDU an und die ist ja nun nicht gerade fuer Buergernaehe und Menschlichkeit bekannt.
Ich kann also die Veraergerung und die Verunsicherung der Anwohner gut verstehen. Doch was passiert jetzt dort in diesem Wohngebiet? Nicht nur, dass sich die NPD als Trittbrettfahrer betaetigt und dort ihre widerliche braune Suppe kocht, es haben sich auch Menschen in diversen Gruppen bei Facebook zusammengefunden, die in der Anonymitaet des Internets ihren blinden Hass gegen alle Auslaender verbreiten. Formulierungen wie „Weg mit dem Dreckspack“ gehoeren dort noch zu den allerharmlosesten. Leider sind das keine Einzelmeinungen. Die grosse Zustimmung, die diese ekelhaften Rassisten erhalten, macht mich fassungs- und sprachlos. Die vernuenftigen Stimmen sind eindeutig in der MInderheit. Doch woher kommt dieser blanke Hass? Oder ist es einfach nur Futterneid? Ich verstehe es einfach nicht.
Fassungslose Gruesse
Cathrin